(interessierte Unterhaltung, die ich behalten moechte)...
"Es gibt ein Ziel, aber keinen Weg; was wir Weg nennen, ist Zögern."
-Kafka
Was bedeutet dir dieses Zitat?
-H.
-H.
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:-) Es ist ein überaus amüsantes Zitat meiner Meinung nach!
(Sorry, dass ich erst jetzt antworte aber ich wollte in der Stimmung sein und mir Zeit nehmen hierfür ;-)
1. Viele würden sicher dieses Zitat auf Kafka selbst beziehen, seine Krankheit, seinen Vaterkonflikt etc...Das Leben würde dann zu einem Zögern an dessen Ende schließlich der Tot als Ziel wartet.
- Das ist meiner Meinung nach aber Blödsinn - ;-)
2. Ich habe leider keine Ahnung von Buddhismus, aber ich weiß, dass sich Kafka mit Asien und asiatischer Philosophie insbesondere mit China auseinandergesetzt hat. Vor diesem Hintergrund erinnert mich das Zitat an Sunzis 'Kunst des Krieges' und an das Hagakure, welches die meisten aus Jim Jarmuschs 'Ghost Dog' kennen. In beiden Werken wird gelehrt schnell zu handeln (Hagakure: nach sieben Atemzügen). Es geht darum, seinem Instinkt zu vertrauen und sich nicht in die Irrungen und Wirrungen unseres Geistes zu verirren (vergleiche auch Kafkas 'Der Bau')
3. Persönlich finde ich jedoch das Zitat besonders humorvoll, da eigentlich keiner der Protagonisten Kafkas jemals ans Ziel kommt sondern ein jeder Protagonist immer nur auf dem Weg ist. Denken wir an Franz K. in 'Der Prozess', an 'Das Schloss', an die Charaktäre in seiner Kurzprosa. Immer suchen seine Charaktäre das Ziel, verlieren sich aber auf dem Weg dorthin. Kafka drückt mit diesem Zitat den unerschütterlichen Glauben seiner Charaktäre an ein Ziel aus, welches es vielleicht so gar nicht gibt, uns aber jeden Tag von neuem aufstehen, arbeiten, essen und trinken lässt...bis wir angekommen sind. (hier ist auch Camus 'Mythos des Sisyphos' sehr interessant!)
Ich hoffe, dass es dir gut geht und wünschte ich könnte mit dir persönlich darüber diskutieren.
R.
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Tut mir leid dass ich bisher dich nicht geantwortet habe. Ich habe 3 wunderschoene Wochen in Namibia und Sambia verbracht, ohne Handy, Internet und alles ausser 3 sehr gute Freunde und meine Kamera.
Danke fuer deine geistreiche Antwort. Ich freue mich jedes Mal deine Analyse verschiedenen Themen zu lesen denn du hast immer sehr einzigartige Perspektiven.
Ich stimme mit dir ueberein, dass es etwas mit Buddismus zu tun hat. Ich wusste nicht dass sich Kafka mit oestlicher Philosophy interessiert hat. In den letzten fuenf oder so Jahren habe ich Buddismus sehr intensiv selbst studiert. In einem Prinzip steht (inwiefern ich es verstehe), dass es kein Mittel zum Zweck gibt; doch das Mittel IST der Zweck. Also daraus geht, dass man keine Schritte in Richtung auf seinen Zweck machen kann. Diese "Schritte" sind doch nur "Zoegern" sozusagen, die man hinhalten, seine echten Zwecke (zum Beispiel - Glueck, Zufriedenheit) zu realisieren. So viele Leute warten immer auf "gute Umstaende" die wichtigsten Sachen ihres Lebens anzufangen. Oder vielleicht glauben sie, dass sie noch irgendeine Qualifikation bzw. Erlaubnis brauchen.
Fuer mich war es beim Gleitschirmfliegen auch so. Waehrend jedes Unterrichts habe ich sehr intensiv trainiert aber ich konnte meine Technik nicht betraechtlich verbessern. Ich beschuldigte meinen Lehrer, den Wind, sogar meine angeborenen Faehigkeiten ~ also, jeden Umstand. Mein Problem war nicht eine Sache von Selbstbewusstsein (obwohl die Unterscheidung zwischen den Beiden ganz klein scheint), sondern dass ich an "Schritte" immer geglaubt hatte. Zwei Monate spaeter wachte ich eines Tages auf mit dem Verlangen fliegen zu gehen. Mit meinem Fluegel ausgepackt stand ich 30 Minuten spaeter auf einem Huegel, die Bindfaden in meinen ausgestreckten Haenden bereit zu fliegen. Ich hatte einen guten Start und ploetzlich war ich 300 meter hoch mit dem Wind tanzen.
Meinen Erfolg habe ich der jaehen unterbewussten Erkenntnis diesem Philosophie waehrend ich schlief zugeschrieben ~ ich kam zu der Erkenntnis, ich musste auf nichts warten; ich war doch schon seit immer bereit; ich brauchte nichts.
Also hat dieses Zitat fuer mich eine sehr besondere Bedeutung. Man ist ein Fotograf nicht wenn man die Uni abschliesst oder eine Bescheinigung macht, sondern wenn man die Kamera zu seinem Auge aufhebt und wahrhaftig glaubt, dass man schon ein Fotograph ist (und von daher sich so benimmt). Man ist ein Pilot nachdem er seine Fluegel sehen kann. Im Wesentlichen geht es um die Faehigkeit einfach sehen zu koennen, was schon da ist.
Also, Ich hoffe ich habe dich nicht gelangweilt. :-) (Und dazu dass du trotz meiner abnehmenden Sprachfaehigkeiten meine Gedanken folgen kannst.)
Freut mich solche Gespraeche mit dir zu haben, obwohl ich lieber Face-to-Face besprechen wuerde. Pass auf dich auf.
-H.
Jetzt, da der Name über diesem Kapitel steht, mit all seinen Bildern die sich dahinter verbergen, wie hinter einer Türe, am Ende eines Korridors, die ich vor langer Zeit angelehnt habe, dringen langsam die Strahlen dieses Licht durchfluteten Zimmers durch den dünnen Spalt in den Gang und tasten sich durch die Dunkelheit zu mir. Ein Spalt, der mich die Schwelle anderer Türen niemals überschreiten ließ, weil ich mich im Licht verloren hatte. Von diesem Licht will ich versuchen in den zerbrechlichen Gefäßen meiner Worte aufzufangen, was sich im Wasser der Zeit gebrochen spiegeln kann.
Wenn ich könnte, würde ich erzählen von dem, was ich fühlte als ich sie das erste Mal im Französisch-Unterricht sah. Aber Verlaine ist schon lange tot und ich muss davon erzählen, dass ich ein Unterhemd trug, dass es heiß war, wenn man an den Brunnen am Abend vorbei ging und dass das Licht mit dem Grün der Bäume spielte und, dass all das nur wegen ihr so war. Dass ich in diesem Sommer aufgeblasen, wie ein Luftballon dem Horizont, den sie mir in meine Welt gemalt hatte, entgegenschwebte, um sie zu übersteigen. (...)
Jetzt, da der Name über diesem Kapitel steht, mit all seinen Bildern die sich dahinter verbergen, wie hinter einer Türe, am Ende eines Korridors, die ich vor langer Zeit angelehnt habe, dringen langsam die Strahlen dieses Licht durchfluteten Zimmers durch den dünnen Spalt in den Gang und tasten sich durch die Dunkelheit zu mir. Ein Spalt, der mich die Schwelle anderer Türen niemals überschreiten ließ, weil ich mich im Licht verloren hatte. Von diesem Licht will ich versuchen in den zerbrechlichen Gefäßen meiner Worte aufzufangen, was sich im Wasser der Zeit gebrochen spiegeln kann.
Wenn ich könnte, würde ich erzählen von dem, was ich fühlte als ich sie das erste Mal im Französisch-Unterricht sah. Aber Verlaine ist schon lange tot und ich muss davon erzählen, dass ich ein Unterhemd trug, dass es heiß war, wenn man an den Brunnen am Abend vorbei ging und dass das Licht mit dem Grün der Bäume spielte und, dass all das nur wegen ihr so war. Dass ich in diesem Sommer aufgeblasen, wie ein Luftballon dem Horizont, den sie mir in meine Welt gemalt hatte, entgegenschwebte, um sie zu übersteigen. (...)
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